Der Mittelstand - Säule der Gesellschaft

 
Dieter A. Sonnenholzer
Chefredakteur und Präsident des Bundesverbandes ausgebildeter Trainer und Berater (BaTB)
 

Wer bietet hierzulande die meisten Ausbildungsplätze? Wer schafft die meisten Arbeitsplätze? Wer ist führend bei Innovation und Marktbearbeitung?
Drei einfache Fragen, die eine Nation spalten. Denn während so gut wie jedem Manager die Antworten flott über die Lippen kommen, herrscht in weiten Teilen der Gesellschaft blanke Ahnungslosigkeit oder das fatale Missverständnis, dass selbstverständlich den Großunternehmen, Multis und Konzernen das Verdienst zukomme, Stütze der Wirtschaft und der Gesellschaft zu sein. Weiter kann man nicht fehlen.

Diese populäre Verfehlung erklärt, warum große Teile der Nation nicht nur die tragende Säule ihrer eigenen Gesellschaft nicht kennen, sondern sie geradezu bekämpfen. Denn obwohl der Mittelstand in diesem unserem Lande das trägt, was wir als Wirtschaft kennen, wird er von allen Seiten behindert und beladen. Die Hand zu beißen, die einen ernährt – dieses makabre Sprichwort bekommt im Zusammenhang mit dem Mittelstand eine neue Dimension. Der Mittelstand seinerseits ist sauer. In vielen Kreisen spricht man schon von einem „Vernichtungsfeldzug gegen den Mittelstand“. Das mag nicht den harten Tatsachen, doch umso mehr dem Stimmungsbild bei vielen kleinen und mittleren Unternehmen entsprechen. Und diese Stimmung herrscht nicht erst seit heute. Auch aus diesem Grund wurden bereits 1991 der Deutsche Mittelstandsverband und der Europäische Mittelstandsverband gegründet. Um der tragenden Säule unserer Wirtschaft und Gesellschaft endlich die Knüppel aus dem Weg zu räumen, die ihr meist unwissentlich zwischen die Beine geworfen werden. Die Zeitschrift Spitzenkompetenz unterstützen beide Verbände in ihrem Bemühen, dem Motor des Wirtschaftswachstums, der Stütze unseres nationalen Ausbildungssystems, dem obersten Arbeitsplatzlieferanten und dem Garanten für einen fairen und kundenorientierten Wettbewerb auf den Märkten endlich zu jener Anerkennung und fairen Handlungsfreiheit zu verhelfen, die ihm aufgrund seiner Bedeutung längst zusteht.

Dass der Mittelstand seit jeher Stiefkind der Wirtschaftspolitik ist, zeigte sich bislang in der unverhältnismäßigen Bevorzugung der Konzerne und Multis, unter deren geballten Macht derzeit komplette Märkte zusammenbrechen – was wir alle nicht zuletzt an unserer Stromrechnung sehen können. Neuerdings zeigt sich die Ignoranz für die Bedeutung des Mittelstandes auch in der Wirtschaftsfachleuten kaum verständlichen staatlichen Förderung von a priori nicht lebensfähigen Mikro-Unternehmen, die zwar kaum eine langfristige Chance am Markt haben, dafür jedoch die hart kämpfenden mittelständischen Unternehmen noch einen Schritt näher an den Abgrund bringen. Während man so einen Arbeitsplatz schafft, werden zehn vernichtet. Wie kann diese Rechnung aufgehen?

All diese unschönen Zeiterscheinungen sind umso unverständlicher und für eine Gesellschaft selbstzerstörerischer, je stärker einem eigentlich bewusst sein müsste, dass im Mittelstand noch jene Werte gepflegt und gelebt werden, die unsere Nation groß gemacht haben: Unternehmertum, Innovationsstreben, Risikobereitschaft, Fürsorge für die eigenen Arbeitnehmer, Ausbildung der Jugend, Eigenständigkeit, selbstverantwortliches Handeln, soziales Engagement für und in den Heimatgemeinden, Fleiß, Zuverlässigkeit und Kundenorientierung. Der bedauerliche Werteverfall in unserer Gesellschaft erscheint diesbezüglich in ganz neuem Licht: Wenn das Ansehen für den Mittelstand verfällt, verfallen auch die Werte, die eine Nation groß gemacht haben.

Viele Menschen in Gesellschaft und Politik halten die Lage irrtümlicherweise für besser als sie ist. Dabei reicht ein Blick in die Insolvenzstatistik und ein weiterer auf die Welle der in Legionen abwandernden mittelständischen Unternehmen, um zu erkennen, dass jedes Jahr Zehntausende Arbeits- und Ausbildungsplätze im Mittelstand vernichtet werden, die unwiederbringlich für unsere Gesellschaft und ihre Menschen verloren sind. Wohlgemerkt: Kein Politiker hat jemals die Schließung eines Familienbetriebes angeordnet.

Doch was die immer stärker zunehmenden Behinderungen anrichten, zeigt der letzte in einer ganzen Reihe von Sargnägeln: Basel II. Die wenigsten Arbeitslosen, die gerade stempeln gehen, wissen überhaupt, dass sie ihre Arbeit wegen dieses Bankenpapiers verloren haben, das die meisten mittelständischen Unternehmen von jedem Kreditfluss abgeschnitten und zu einem qualvollen Ende verurteilt hat.

Und trotzdem oder gerade wegen der allseitigen Anfeindungen ist dank des unerschöpflichen Innovationsgeistes und sprichwörtlichen Erfindungsreichtums im Mittelstand eine Spitzenkompetenz in Know-howund Wertschöpfung zu finden, die ihresgleichen sucht. Selbst unter unmenschlich erschwerten Bedingungen schaffen es viele mittelständische Unternehmen noch, zu prosperieren, auszubilden und die Arbeitsplätze ihrer Mitarbeiter zu sichern. Ihnen gebührt unser Dank, unsere Hochachtung und unsere Anerkennung.

Eine gesunde Wirtschaft ist nur mit einem gesunden Mittelstand möglich. Wir sind der Meinung, dass dies immer wieder gesagt werden muss.