Eduard Oswald wurde in Augsburg geboren. Nach der Wirtschaftsschule absolvierte er eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann, anschließend das Studium der Betriebswirtschaft zum Dipl.-Betriebswirt (FH), und das Studium für Lehramt, Hauptschullehrer a.D. Von 1978 bis 1986 war er Mitglied des Bayerischen Landtages. Seit 1987 ist er Mitglied im Deutschen Bundestag.

Von 1992 bis 1998 hatte er das Amt des Parlamentarischen Geschäftsführers der CSU-Landes-gruppe und der CDU/CSU-Bundes-tagsfraktion inne. Von Januar 1998 bis zum Regierungswechsel bekleidete er das Amt des Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau.

In der 14. und 15. Wahlperiode war er Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. In der 16. Legislaturperiode bekleidete Oswald das Amt des Vorsitzenden des Finanzausschusses und ist jetzt Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie.

 

Derzeit spricht jeder vom wirtschaftlichen Aufschwung und der Überwindung der Krise. Glauben Sie, dass der Aufschwung schon bei allen angekommen ist?

 

Die Kennzahlen für 2010 und der Ausblick für das kommende Jahr geben uns allen Grund zu Optimismus. Wir kommen wesentlich schneller aus der Krise, als wir dies Anfang des Jahres noch erhoffen konnten. Es deutet alles auf einen sich selbst tragenden Aufschwung hin, der im kommenden Jahr zusätzlich durch ein Anziehen des privaten Konsums gestützt wird. Die positiven Stimmungsumfragen bei Industrie- und Handels- sowie Handwerkskammern untermauern die wirtschaftlichen Kennzahlen. 

Die verschiedenen Maßnahmen zur Stabilisierung der Beschäftigung haben ihre Wirkung nicht verfehlt. Die Kurzarbeiterregelung, wie auch die Konjunkturprogramme haben wesentlich dazu beigetragen, dass wir die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt verzeichnen können. Menschen in Arbeit zu bringen, ist die beste Sozialpolitik. Es werden Lebensperspektiven und Einkommen geschaffen sowie die Binnenkonjunktur angekurbelt.

 

Rente mit 67 - welche Konzepte hat Ihre Partei, um dem Anspruch der Unternehmen auf qualifizierte Mitarbeiter gerecht zu werden?

 

Die Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf 67 Jahre ist notwendig und auch sozial vertretbar. 

Darin liegt keine Bedrohung, sondern eine Chance, da sich mit der durchschnittlichen Lebenszeit auch die Zeit des gesunden und leistungsfähigen Alters verlängert. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung sichert die Anhebung des Renteneintrittsalters die Gerechtigkeit zwischen den Generationen und stärkt die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Dazu brauchen wir noch mehr Anpassungen am Arbeitsmarkt, wie beispielsweise altersgerechte Arbeitsplätze und Arbeitszeiten. Dies halte ich für notwendig, wenn wir mit dieser Thematik verantwortungsvoll umgehen wollen. Alle Tarifpartner, die Arbeitgeber und die Gewerkschaften müssen Anstrengungen unternehmen, um altersgerechte Arbeitsplätze in den Betrieben zu schaffen. Die älteren Menschen verfügen über Erfahrungen, Kompetenzen und Potentiale, die es auch für Unternehmen noch stärker zu nutzen gilt.

 

Wie können Schule und Wirtschaft, Theorie und Praxis noch besser verzahnt werden?

 

Der Unterricht muss dazu noch praxisorientierter werden. Die Vorbereitung der Schüler auf die Berufswelt ist noch zu verbessern. Aus diesem Grund können beispielsweise durch Kooperation mit externen Partnern aus der Wirtschaft wichtige Eindrücke vermittelt werden. Dazu gehört aber auch, die Verzahnung der schulischen Ausbildung mit Wirtschaft und Arbeitswelt auf der einen Seite und mit der Hochschule auf der anderen Seite zu optimieren. Denkbar sind Seminare, in denen die berufliche Orientierung gefördert und das wissenschaftliche Arbeiten eingeübt wird. Um dabei erfolgreich sein zu können, bedarf es aber auch einer stärkeren Praxisorientierung der Lehrerschaft. Die typische Lehrerkarriere Schule - Universität - Schule war einmal. Lehrer brauchen auch praktische Erfahrungen, die sie etwa bei Betriebspraktika erwerben können. Auch im Bereich der Weiterbildung müssen wir Sorge tragen, dass unsere Lehrer auf dem aktuellen Stand bleiben. Wir brauchen noch mehr Informationsaustausch zwischen Lehrern und Führungskräften oder betrieblichen Ausbildern. Nur hoch motivierte Lehrer sind in der Lage, auch Werte und Wissen zu vermitteln.

 

Bitte stellen Sie uns kurz die wesentlichen bildungspolitischen Eckpunkte dar.

 

Bildungspolitik bedeutet für mich, die Schaffung von Chancengleichheit durch Bildung und Wissen. Dazu gehört es, Talente bestmöglich zu fördern. Alle Kinder brauchen gleich gute Startbedingungen für das Leben und dies verbessert die Zukunftsaussichten jedes Einzelnen. Im globalen Wettbewerb entscheiden Bildung und Wissen der Menschen über die beruflichen und sozialen Perspektiven wie auch über die Zukunft der ganzen Gesellschaft. Unser Ziel muss es sein, die Menschen zu befähigen, die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts bewältigen zu können. Dies geht am besten mit einer individuellen Förderung. Im Mittelpunkt der Bildungspolitik steht die größtmögliche Förderung der Kinder und Jugendlichen, was nur durch ein differenziertes Schulsystem möglich ist. Zentral sind dabei die Prinzipien Anschlussfähigkeit, Individualität, Qualität und Gerechtigkeit. 

Bei der Bildungsgerechtigkeit geht es um individuelle, flexible Bildungswege gemäß den jeweiligen Lern- und Leistungsvoraussetzungen, dem unterschiedlichen Entwicklungstempo und den individuellen Neigungen. Junge Menschen brauchen die Unterstützung, sich bestmöglich entfalten zu können, unabhängig von ihrer sozialen und kulturellen Herkunft. Die Durchlässigkeit des differenzierten Schulwesens spielt dabei eine zentrale Rolle. Damit Bildung erfolgreich sein kann, müssen Eltern und andere Akteure vor Ort zusammenwirken. Deswegen brauchen wir eine Vernetzung der Schulen mit ihrem Umfeld, insbesondere mit Kirchen, kulturellen und sozialen Einrichtungen, Vereinen und auch der Wirtschaft.

 

Welche besonderen Impulse gibt die Union im Hinblick auf die berufliche und betriebliche Weiterbildung und Qualifizierung von Mitarbeiter in Unternehmen?

 

Die Qualifikation der Arbeitskräfte spielt eine entscheidende Rolle. Viele mittelständische Betriebe suchen händeringend nach geeigneten Mitarbeitern, leider reichen die Bildungsabschlüsse für diesen Arbeitsmarkt aber häufig nicht aus. In unserer globalisierten Welt, in der sekundenschnell Informationen einmal um den Globus geschickt werden, ist lebenslanges Lernen notwendig. Bildung und Ausbildung, nicht nur an der Schule, sondern auch in den Betrieben ist unser wichtigster Rohstoff. Bildung und Lernen, auch im Alter, entscheiden über unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit. Betriebliche Investitionen in die Bildung sind Investitionen in die eigene Zukunft des Betriebes. Auch für Berufsrückkehrer gilt es, Weiterbildungsangebote wahrzunehmen. Die CSU setzt auf Aufstieg durch Bildung und durch lebenslanges Lernen -unabhängig von finanzieller Lage und sozialer Herkunft. Die eigene Bildung ist die Grundlage für beruflichen Erfolg und verbessert die soziale Sicherheit jedes Einzelnen. Die Veränderungen der Arbeitswelt machen es nötig, sich fortwährend weiterzubilden und sich etwa während einer Familienzeit auf einen Wiedereinstieg in den Beruf vorzubereiten. In der Wissensgesellschaft und vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung gewinnt Weiterbildung zunehmend an Bedeutung. Neben flexiblen Einstiegen wollen wir daher vor allem die Weiterbildungsperspektiven verbessern und dafür auch die Schnittstellen zwischen beruflicher und akademischer Bildung noch durchlässiger machen. Das sichert Beschäftigungschancen und erhält Erwerbsfähigkeit.

 

Wie motivieren Sie sich selbst bei Ihrer anspruchsvollen politischen Aufgabe?

 

Meine Motivation kommt von den Menschen unseres Landes. Deutschland ist ein großartiges freiheitliches und demokratisches Land. Wir haben alle Chancen und Möglichkeiten dieses Land im globalen Wettbewerb in eine gute Zukunft zu bringen. Es gilt jetzt, den Innovationsstandort in einer Bildungsrepublik zu stärken.