„Frieden ist wichtiger als Wirtschaftspolitik“.

 

Stimmen Sie dieser Aussage Ihres Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel zu und glauben Sie, dass die Sanktionen gegen Russland negative Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft haben könnten?

 

Gerade erst war der 100. Jahrestag des Ersten  Weltkrieges. Die Erfahrungen des ersten und des Zweiten  Weltkrieges haben uns deutlich gezeigt: Ohne Frieden ist alles nichts. Deswegen hat auch Helmut Schmidt recht, wenn er sagt: "100 Tage verhandeln sind besser als eine Minute schießen“.

Der anhaltende Konflikt in der Ukraine erfüllt uns alle mit tiefer  Sorge. Wir  brauchen eine politische Lösung des Konfliktes. Mit militärischen Mitteln ist  der Konflikt in der Ukraine nicht  zu lösen, auch hätte das politische und wirtschaftliche Auswirkungen auf ganz Europa. Trotzdem darf Europa einen Verstoß gegen das Völkerrecht nicht hinnehmen. Sanktionen sind leider notwendig. Wir begrenzen die negativen Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft, so gut es geht. Es stehen Mittel bereit, so dass betroffene Firmen mögliche Liquiditätsengpässe überbrücken können. Ergänzend greifen die Instrumente der Außenwirtschaftsförderung wie Exportkreditversicherungen oder Investitionsgarantien.

 

Welche Möglichkeiten hat die Politik, mitarbeiter- und familienfreundliche Unternehmen zu fördern?

 

Im Koalitionsvertrag gibt es auf Drängen der SPD ein  ganzes Paket an  Maßnahmen. So wird beispielsweise unter der sozialdemokratischen Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig der Ausbau der Kita-Plätze weiter verbessert.  Dies unterstützt natürlich auch die Unternehmen. Die Reformen beim Bundeselterngeldgesetz und beim Elternzeitgesetz entlasten viele Eltern zeitlich und finanziell. Auch diese Maßnahmen helfen den Unternehmen. Darüber hinaus kann auch das „Anti-Stress-Gesetz“ ein wichtiges Werkzeug sein, mit dem mitarbeiter- und familienfreundliche Unternehmen gefördert werden. Hier beginnt die Debatte gerade.

 

Belastet der flächendeckende Mindestlohn mittelständische Unternehmen vielleicht zu stark?

 

Nein, im Gegenteil. Mit der Einführung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohnes sorgen wir für faire Löhne, stärken die Kaufkraft und gewährleisten einen fairen Wettbewerb zwischen den Unternehmen: Auch die vielen Unternehmen, die anständige Löhne zahlen, müssen vor Dumpingwettbewerb geschützt werden. Von einem allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn profitieren also sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber gleichermaßen.

 

Der Fachkräftemangel ist in aller Munde. Wie wollen Sie diesem Problem entgegentreten?

 

Fachkräftemangel hat mehrere Ursachen. Neben der sinkenden Geburtenrate ist das vor allem die unzureichende Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Viele verlassen zudem die Schule ohne Abschluss und außerdem ist die berufliche Bildung ausbaufähig.

Aus diesem Grund ist die Stärkung der Beruflichen Bildung ein Schwerpunkt des Koalitionsvertrages zwischen SPD und der Union, Ziel ist es zum Beispiel, die Gleichwertigkeit der beruflichen und akademischen Bildung zu erreichen. Zudem gilt es, die duale Ausbildung zu stärken und zu modernisieren.

In Deutschland gibt es mittlerweile Regionen, in denen die Unternehmen händeringend nach Auszubildenden suchen. Hier hat Politik reagiert und das Programm "Mobi pro Europa" mit zusätzlichen Mitteln ausgestattet. Dieses Programm fördert Jugendliche aus ganz Europa, die in Deutschland eine Ausbildung beginnen wollen. Zuerst müssen wir aber dafür sorgen, dass alle Kinder in Deutschland die Schule mit einem Abschluss verlassen. Aber auch Zuwanderer haben ein hohes Potential. Sie verfügen vielfach über im Ausland abgeschlossene Berufs- und Hochschulausbildungen. Dieses Potenzial liegt aber noch zu oft brach.

 

Was tun Sie für sich, um Ihrer anspruchsvollen politischen Aufgabe tagtäglich gewachsen zu sein?

 

Eine klare Trennung von wichtigem und unwichtigen ist absolut erforderlich. Damit verschaffe ich mir eine klare Linie, die ein gutes Arbeiten erst zulässt. Ebenso absolut unerlässlich: Freude an den anstehenden Aufgaben, Verantwortungsbewusstsein sowie ein verlässliches Team.