Interview

Das Konzept Unternehmenskultur

 

Dieter Freisler, CEO der BTI GmbH & Co. KG

 

 

 

Dass der Mensch in Unternehmen von größter Bedeutung ist, dürfte inzwischen zumindest als Lippenbekenntnis bei jedem Manager angekommen sein. Darüber hinaus wird sehr intensiv über Teamorientierung, gruppendynamische Prozesse und Organisationssysteme diskutiert.

Der Wunsch nach einer klaren Unternehmenskultur findet sich in Managementkreisen wieder. In vielen Unternehmen sind über Jahre und Jahrzehnte unkoordiniert Unternehmenskulturen entstanden, oft geprägt von patriarchalischen Unternehmern und Führungskräften.

Wenn nun das Management einen kooperativen/partnerschaftlichen Führungsstil initiieren möchte, das heißt, die Unternehmenskultur neu gestalten möchte, stellt sich die zentrale Frage, wie dies umsetzbar ist. Die Manager werden viel zu wenig auf die praktische Umsetzung dieser Aufgaben qualifiziert. Meist entwickelt sich nun bei den Führungskräften die Idee, eine neue, moderne Unternehmenskultur vorzugeben. Dass dies in der Praxis schwer anwendbar ist, dürfte jedem einleuchten.

Das Unternehmen BTI mit seinem CEO Dieter Freisler ging bei diesem Prozess einen anderen Weg.

Dafür erhielt der Geschäftsführer den Unternehmerpreis des Bundesverbandes ausgebildeter Trainer und Berater.

Sie haben in Ihrem Unternehmen eine neue Unternehmenskultur aufgebaut?

Nein, das habe ich nicht. Das wäre der falsche Weg gewesen. In meiner Laufbahn habe ich oft erlebt, dass in Führungsebenen literarische Meisterwerke geschaffen wurden, mit dem Wunsch, eine Unternehmenskultur vorzugeben. Diese wurde aber von den Mitarbeitern dann nicht verstanden, nicht angenommen und schon gar nicht umgesetzt. Wir bei BTI haben es anders gemacht. Die Geschäftsleitung hat den Anstoß zur Veränderung gegeben, dann wurde das Steuer an die Mitarbeiter gereicht.

Wie sollen wir uns die praktische Umsetzung dieses Prozesses vorstellen?

Die Geschäftsleitung hat den Impuls gesetzt, ein Konzept zur Unternehmenskultur zu gestalten. Im Rahmen des strategischen Projektmanagements unseres Hauses wurde eine klare Aufgabenstellung definiert. Die Mitarbeiter wurden eingeladen, sich in Task Forces an dem Prozess zu beteiligen. Die Zusammenstellung der Gruppen erfolgte hierarchieübergreifend. Die Bereitschaft zur Mitarbeit war so hoch, dass sich sechs Teams gebildet haben. Die Ergebnisse haben uns begeistert und überzeugt, sie wurden in einer Broschüre dokumentiert.

Ist der Prozess für Sie hiermit abgeschlossen?

Es ist uns sehr bewusst, dass das Projekt nur dann erfolgreich sein kann, wenn die mittelfristige Umsetzung konsequent erfolgt.

Welche konkreten Aktionen sind erfolgt?

Es war uns sehr wichtig, alle Mitarbeiter zu erreichen. Deshalb hat die Geschäftsleitung in 15 Veranstaltungen mit der gesamten Belegschaft über die Ergebnisse der Task Forces und der daraus entstandenen Unternehmenskultur diskutiert. Natürlich stand dabei die unmittelbare Umsetzung besonders im Fokus. Der weitere Ausbau des Informationssystems und die Verbesserung des Ideenmanagements möchte ich dabei nur exemplarisch nennen. Bei der Entwicklung einer Unternehmenskultur ist es wichtig, Signale zu setzen. Unser Signal können Sie in der Eingangshalle der BTI sehen, einen raumhohen Würfel mit den Handabdrücken der Mitarbeiter, als Zeichen ihrer Zustimmung.

Wie wirkt sich die neue Unternehmenskultur im Arbeitsalltag aus?

In einer lebendigen Beteiligung an Betriebsversammlungen, konstruktiven Beiträgen zur Unternehmensentwicklung, einer offenen, transparenten Kommunikation und im Mut, kritische Themen anzusprechen, können wir erste Veränderungen wahrnehmen. Mir ist es besonders wichtig, das Hierarchiedenken im Unternehmen zu reduzieren und durch ein teamorientiertes Handeln zu ersetzen. Dabei ist uns allen bewusst, dass diese Veränderungen nicht von heute auf morgen stattfinden, sondern in einem mittelfristigen Zeitrahmen zu sehen sind. Deshalb muss die Unternehmenskultur täglich bewusst gemacht werden und von Mitarbeitern und Führungskräften eingefordert werden. Sie muss Grundlage des Handelns sein. Alle, von den Mitarbeitern bis zur Geschäftsleitung, werden an der Einhaltung der Leitlinien gemessen.

Dieser Anspruch ist eine tägliche Herausforderung und verlangt von allen Beteiligten die Bereitschaft, sich auf den Prozess einzulassen.

Welche Bedeutung hat die Unternehmenskultur für das Unternehmen darüber hinaus?

Die Unternehmenskultur ist die Grundlage für die strategische Unternehmensausrichtung. Viele Unternehmen werden operativ geführt und haben keine mittelfristige Planung.

Wie ist die strategische Ausrichtung der BTI?

Sie ist in vier Hauptbereiche gegliedert.

1. Emotion — der Erfolg unseres Geschäftes ist in erster Linie von guten Kundenbeziehungen, Sympathie und dem menschlichen Kontakt geprägt.

2. Divisionalisierung — wir haben das Unternehmen in Divisionen aufgeteilt, die unseren Kunden zielgruppenorientiert und bedarfsorientiert spezifische Problemlösungen bieten.

3. Total customer care — wir haben ein Rundum-Sorglospaket für die Anforderungen unserer Kunden.

4. Multi Channelling -— wir nutzen gezielt unterschiedliche Kommunikationswege, um beim Kunden möglichst oft Präsenz zu zeigen.

Welche Punkte waren Ihnen bei diesem Prozess besonders wichtig?

Die Einbeziehung aller Mitarbeiter, das Erreichen umsetzbarer Ergebnisse, die Geschwindigkeit der Aktion und die Nachhaltigkeit sind für mich sehr bedeutungsvoll. Darüber hinaus hat mich am meisten begeistert, zu sehen, mit welch hoher Motivation sich unsere Mitarbeiter auf diesen Prozess eingelassen haben. Es hat uns gezeigt, was die Einbeziehung von Mitarbeitern positiv bewirkt. Die besten Unternehmensberater sind die eigenen Mitarbeiter, sie müssen nur gefragt werden.