Persönlichkeit


Persönlichkeitsentwicklung bei Führungskräften

– oder Lehrbuchwissen oder Lebenserfahrung


Emanuel Winklhofer BaTB

Mit großem Grauen erinnere ich mich noch an meine Schulzeit. Besonders der Geschichtsunterricht war für mich so tot wie wohl kaum etwas anderes. Sämtliche Jahreszahlen irgendwann geschlagener Schlachten oder die Amtszeit von Karl dem Verschleimten auswendig zu lernen war doof und die geschichtliche Darbietung meiner Lehrer war trocken.

Einige Parallelen in der (nur zu erahnenden Didaktik) erkannte ich später im Studium bei manchen Vorlesungen wieder: Es wurde halt VORGELESEN. Keine Spannung, kein Interesse, kein Engagement.

Einer meiner Lehrer war anders: Bei ihm war das Fach Geschichte plötzlich spannend, er beleuchtete Hintergründe und Zusammenhänge, konnte menschliche Entscheidungen und Fehlentscheidungen interpretieren und aus der damaligen Zeit heraus für uns Schüler fassbar machen. Geschichte machte plötzlich Spaß.

Welchen Schluss ziehen wir daraus? Warum geben wir etwas weiter? Bieten wir an, lehren wir oder belehren wir? Entwickeln wir uns dabei selbst weiter? Seneca wusste es vor 2000 Jahren schon: ”Homines cum docent discunt - Die Menschen lernen, indem sie lehren” Dieses Thema trifft sicher in unserem Beruf zu, denn es handelt sich sehr oft um unsere eigenen Lernprozesse, die wir durch das Weitergeben selbst bearbeiten. Entscheidend dabei ist das Bewusstsein, in dem etwas geschieht: Ist mir die Tatsache klar oder werden die Inhalte zu Dogmen – frei nach dem Motto "wer selbst nicht überzeugt ist, der muss andere überzeugen". Leider läuft der Vorgang der klassischen Transformation oft ab, ob in der Erziehung, in der Ausbildung oder im Alltag.

Dogmatik ist wohl immer gefährlich. Alles, was eine Führungskraft selbst durchlebt hat, wird "runder" in der Aussage und ehrlicher in der Ausstrahlung. Mitarbeiter wollen auf ihren Chef stolz sein und Mitarbeiter wollen in Ihrem Vorgesetzten ein Vorbild sehen. Hüten wir uns also vor Führungskräften, die theoretisch genau wissen, wie es funktioniert - es aber es praktisch selber nicht können.

Lebenserfahrung ist weder durch schlaue Sprüche noch durch beste Lehrbücher ersetzbar. Jede Führungskraft wächst beim Durchleben eigener Lebenskrisen und beim intensiven Beschäftigen mit der eigenen Persönlichkeit. Modelle, wie das Enneagramm, das DISG, die 4 Angst-Typen von Fritz Riemann, das H.D.I.-System, das Struktogramm, die Transaktionsanalyse u.v.m. sind hervorragend geeignet, um sich selbst kennenzulernen, zu akzeptieren und zu verändern. Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Körperhygiene zu einem festen Bestandteil des täglichen Geschehens. Im 21. Jahrhundert sollte die Psychohygiene ähnliches schaffen: Kompetent, vielleicht auch mit professioneller Hilfe Lebensabschnitte bewältigen, ja sogar Tagesereignisse in der Bedeutung für das eigene Leben erkennen und verarbeiten. Gerade in unserem Beruf werden wir viel mit dem Schicksal anderer Menschen konfrontiert. Können wir richtig damit umgehen? Ich denke, es gelingt nur dann, wenn wir unser eigenes Leben im Griff haben und mit einer in sich ruhenden Persönlichkeit Verständnis für andere aufbringen.

Die alten Schamanen durften nur Krankheiten behandeln, die Sie selbst durchlebt hatten, woraus sich ein vollkommen verändertes Einfühlungsvermögen der betroffenen Person gegenüber ergab. Davon sollten wir als Führungskraft lernen und es als unsere Lebensaufgabe ansehen, die eigene Persönlichkeit stets weiterzuentwickeln. Auch für uns ist es erforderlich, immer wieder Seminare und Trainings mitzumachen, um ein erfülltes Leben führen zu können. Also, haben Sie Mut zur Selbsterkenntnis und zum Persönlichkeitswachstum!